Gesetzliche Neuregelungen im Bereich Asbest
Vielseitige Änderungen im Betriebsablauf müssen umgesetzt werden
Bei den gesetzlichen Regelungen im Bereich Asbest und Mineralik tut sich einiges: Zahlreiche Neuregelungen sind bereits in Kraft getreten oder in den kommenden Monaten zu erwarten. Für die betroffenen Unternehmen in den Bereichen Abbruch, Bau und Entsorgung bedeuten die Änderungen vielseitige Veränderungen im Betriebsablauf, über die sich informiert und deren Umsetzung geplant werden müssen. Folgende Gesetze sind betroffen:
- Die Neufassung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) wird voraussichtlich in diesem Jahr in Kraft treten.
- Am 8. Mai wurde bereits mit dem LAGA-Merkblatt 23 eine Umsetzungshilfe zur Entsorgung der Asbestabfälle veröffentlicht.
- Auch das Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung am 1. August 2023 veränderte den Umgang mit mineralischem Aushub und Abbruchmaterial grundlegend.
Warum sind die Neuregelungen nötig?
Trotz eines Asbest-Verbots im Jahr 1993, sind Beschäftigte auch heute noch asbesthaltigen Materialien ausgesetzt. Insbesondere im Abbruch, der Entsorgung und beim Bauen im Bestand können Asbestfasern freigesetzt werden. In vielen alten – je nach Untersuchung zwischen 30 und 50 % – Gebäuden sind weitere unerwartete Vorkommen von Asbest erkannt worden. Doch woher kommen diese? Insbesondere alten Putz- und Spachtelmassen sowie Fliesenklebern wurden Asbestfasern beigemengt, um bauphysikalische Eigenschaften zu verbessern. Auch Abstandhalter für Betonstahlmatten und Röhren für Maueranker enthielten früher Asbestfasern. Arbeitnehmer, die in die Bausubstanz alter Häser eingreifen, werden gefährdet. Ein Recycling von Bauschutt und Beton wird dadurch erschwert.
Was ändern die neuen Regelungen?
Alle Gebäude, die vor Oktober 1993 gebaut wurden, müssen vor Beginn von Eingriffen in den Baukörper durch eine Erkundung hinsichtlich der Asbestgehalte begutachtet werden, um eine sichere Durchführung der Arbeiten zu ermöglichen.
Zu Eingriffen in den Baukörper zählen neu unter Putz verlegte Kabel, Badezimmersanierungen oder Abbruchshandlungen. Es muss jetzt im Altbestand immer beprobt und begutachtet werden, bei Asbestfreiheit kann dann konventionell gearbeitet werden. Bei Asbestgehalten im Putz oder bei fehlender Analyse, müssen entsprechend den Vorschriften zugelassene Verfahren nach TRGS 519 angewendet werden. Bei kleineren Eingriffen empfiehlt es sich, die Leistung gleich als Asbest belastet auszuführen, um die Kosten einer Analyse zu sparen. Arbeitgeber haben bei der Ausführung der Tätigkeiten mit Asbest die Umsetzung der Regularien sicherzustellen und dürfen die Tätigkeiten nur von Beschäftigten durchführen lassen, die über eine erforderliche Fachkunde verfügen und entsprechend geschützt arbeiten.
Bei der Entsorgung stehen entsprechend des LAGA Merkblatts 23 neue Grenzwerte im Mittelpunkt, die eine veränderte Entsorgung erzwingen. Als asbestfrei gelten nur alte Baukörper, die einen Grenzwert von 0,01M-% Asbest unterschreiten. Nur diese können im Recycling eingesetzt werden. Alle Materialien mit höheren Konzentrationen an Asbest müssen in entsprechenden Deponien entsorgt werden.
Die Messungen, die Begutachtungen und aufwendige vorgegebene Lieferscheine sollen gewährleisten, dass alle Beteiligten rechtssicher arbeiten können.
Was bedeutet das konkret?
Die wichtigsten Änderungen zusammengefasst:
- Sämtliche Gebäude, deren Bau vor Oktober 1993 begonnen wurde, unterliegen zukünftig einem generellen Verdacht auf Asbest. In der Regel besteht dann eine Pflicht zur Untersuchung durch den Veranlasser der Arbeiten.
- Bereits vor der Entstehung der Abfälle soll klar sein, was für Abfälle entstehen und wie diese zu behandeln sind. Die in der Gefahrstoffverordnung geforderte Erkundung gibt hierzu die Vorgabe. Der bauliche Eingriff oder Abbruch kann so vorausschauend geplant werden.
- Nur Abfälle mit <0,01 M-% Asbest gelten als asbestfrei und können recycelt werden. Abfälle mit Gehalten über 0,01 M-% Asbest müssen auf Deponien entsorgt werden.
- So wird sich die Entsorgung von Bauschutt aus alten Gebäuden erheblich verteuern. Zum einen durch die erforderliche Analytik und durch eine möglicherweise erforderliche Deponierung. Die Menge an Recyclingmaterial, die zur Vermarktung zur Verfügung steht, wird sich reduzieren.
- Eine erforderliche Fachkunde für alle Beschäftigten, die mit Asbest arbeiten, lässt einen erheblichen Weiterbildungsbedarf für betroffene Betriebe entstehen. Handwerksbetriebe verschiedenster Gewerke, Abbruchunternehmen oder Hausmeister sind hiervon betroffen. Alle Unternehmen, die Eingriffe in die Bausubstanz alter Gebäude durchführen, müssen ihre Mitarbeiter qualifizieren.
Die Tatsache, dass es sich bei Asbest um eine krebserzeugende Substanz handelt und die Regelungen in der Gefahrstoffverordnung verankert werden, lässt für betroffene Unternehmen keinen Spielraum. In Zukunft müssen also neben den Sachkundigen auch sämtliche Mitarbeiter, welche Arbeiten mit Asbest ausführen, eine Fachkunde gemäß GefStoffV besitzen. Die Karl Meyer Akademie wird Ihnen hier geeignete Formate anbieten, damit insbesondere Handwerksbetriebe wirtschaftlich Mitarbeiterschulungen durchführen können. Sprechen Sie uns an.
Wir möchten Sie gut auf die Änderungen vorbereiten, welche auf die Baugewerke und die Entsorgung zurollen. Unsere Branchenveranstaltung, der 18. Abfall- und Gefahrguttag in Hamburg, widmet sich diesmal fast ausschließlich den dramatischen Änderungen im Bereich der Mineralik und beim Asbest. Fragen der praktischen Umsetzung der neuen Anforderungen stehen im Mittelpunkt.
Anmeldung zum 18. Abfall- und Gefahrguttag
Weiterführende Links
Die LAGA Mitteilung 23, veröffentlicht am 8. Mai 2023, gibt Behörden und der Entsorgungsbranche als Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle einen Rahmen bei der Entsorgung.
Der Änderungen der neuen Gefahrstoffverordnung, beschäftigen sich maßgeblich mit dem Umgang mit asbesthaltigen Stoffen. Es wird mit einer Veröffentlichung in diesem Jahr gerechnet.
Referentenentwurf der Bundesregierung
Was sind die wichtigsten Änderungen der Gefahrstoffverordnung?
§ 2 Akzeptanz- & Toleranzkonzentration
Ein Konzept zur Beurteilung der Risiken von Arbeiten mit Asbest wird in der GefStoffV verankert. Drei Risikostufen helfen bei der Einteilung der Risiken nach konkreten Tätigkeiten. Wurde früher nur zwischen festgebundenem und schwach gebundenem Asbest unterschieden, stehen jetzt die konkreten Tätigkeiten und die freigesetzten Fasern im Mittelpunkt.
- Verbleib unterhalb der Akzeptanzkonzentration:
Geringes Risiko – somit geringe Anforderungen an Schutzmaßnahmen im Umgang mit Asbest. (Max 10.000 Fasern/m³) - Überschreitung der Akzeptanzkonzentration bis zur Toleranzkonzentration:
mittleres Risiko – deutlich erhöhte Anforderungen an Schutzmaßnahmen im Umgang mit Asbest. (Max 100.000 Fasern/m³) - Überschreitung der Toleranzkonzentration:
hohes Risiko – hohe Anforderungen an Schutzmaßnahmen im Umgang mit Asbest. (i.d.R. Schleusensysteme etc.)
§ 5 Informations- und Mitwirkungspflichten
Wer Tätigkeiten an Gebäuden veranlasst, die Gefahrstoffe enthalten können, übernimmt die Verpflichtung zu einer Erkundung. Die Erkundungsergebnisse sind vor Beginn der Arbeiten an das beauftragte Unternehmen weiterzugeben. Betroffen hiervon sind neben Firmen auch private Auftraggeber von Arbeiten im Baubestand. Alle Gebäude, die vor Oktober 1993 gebaut wurden, unterliegen i.d.R. somit zukünftig einer Erkundungspflicht, dies betrifft 80 % aller Gebäude in Deutschland. Für Beteiligte, wie Eigentümer, Mieter und betroffene Unternehmen bedeutet dies neben viel Ärger auch erhebliche zusätzliche Kosten.
§ 11 Anforderungen bei Tätigkeiten mit Asbest
Arbeitgeber sind verpflichtet, die zur Verfügung gestellten Erkundungsergebnisse zu berücksichtigen und für die Mitarbeiter durch ein Schutzkonzept sicheres Arbeiten zu gewährleisten. Das wird in der Zukunft zu erheblichen Problemen führen, Asbesterkundungen bieten teilweise einen Interpretationsraum, verschiedene Auslegungen werden gerade in der Anfangsphase für Auseinandersetzungen sorgen.